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Atomkraft erneut im Trend? Japan fährt AKWs hoch

Nach der Nuklearkatastrophe von 2011, die die Welt noch nicht vergessen hat, schien Japans ehrgeiziges Atomkraftprogramm keine Zukunft zu haben. Aber Ministerpräsident Fumio Kishida will diesen Technologien neues Leben einhauchen. 11 Jahre nach der Katastrophe von Fukushima hat Japan das Thema Kernenergie erneut auf die Tagesordnung gehoben.

Heute versucht der neue Regierungschef, eine Energieform gegen heftigen Widerstand der Öffentlichkeit als effizientes Mittel der Klimapolitik zu positionieren. Im Wahlkampf zu den Unterhauswahlen hat er die Wiederbelebung der Kernkraft gefordert. Jetzt löst er sein Versprechen ein.

Das neue Leben der Kernenergie wird sogar von globalen Influencern unterstützt

Anfang 2022 tauchten mehrfach Informationen auf, dass sich JAEA, die staatliche Atomic Energy Agency, und der Kraftwerksbauer Mitsubishi Heavy Industries am Bau eines neuen AKW des amerikanischen Atomkraftwerk-Bauers Terra Power beteiligen wollen. Diese Position wird übrigens auch von Bill Gates, dem Gründer des IT-Unternehmens Microsoft, unterstützt.

Ein junges und sehr ambitioniertes Unternehmen will erstmals eine neue Reaktorart vorstellen, der kostengünstiger und sicherer im Betrieb sein soll. Der Flüssigsalzreaktor wird also zu einem neuen Atemzug der Atomenergie und vielleicht zu ihrem neuen Trend. Nach den vergangenen 10 schwierigen Jahren hätte dieser Schritt die japanische Nuklearindustrie wieder an die Weltspitze gebracht.

Atomkraft kann helfen, Ressourcenknappheit zu lösen

Schnelle Brüter gelten seit langem als wichtiges Element im geschlossenen nuklearen Brennstoff-Kreislauf. Neben Strom produzieren sie auch andere spaltbare Materialien und verwenden Uran wesentlich effizienter als andere Reaktor-Technologien. Salzschmelzenreaktoren können in der Theorie sogar mehr spaltbares Material produzieren, als sie selbst verbrauchen.

Deshalb fördert das ressourcenarme Japan diese Technologie seit langem als Projekt seines ehrgeizigen Nuklearprogramms. Damit könnte das Land der Sonne unabhängiger von Importen der Energie werden.

Japan importiert fast alle seine Rohstoffe und ist somit äußerst anfällig für Kriege oder Krisen, die die Rohstoffversorgung und insbesondere die Schifffahrt stören könnten. Reaktoren erfordern jedoch ein Plutoniumkreislaufdesign und sind schwierig zu implementieren.

Bei der Einführung der Atomenergie sollten Schwierigkeiten überwunden werden

Japans eigene Forschung kam allmählich zum Erliegen. Der japanische Forschungsreaktor Monju hat seit 1994 aufgrund von zwei Zwischenfällen nur zweihundertfünfzig Tage lang Strom produziert und wurde 2016 endgültig abgebaut. Demnächst versuchte Japan erstmals, die Brüterforschung mit Frankreich fortzusetzen. Doch nachdem die französischen Geschäftspartner die Zusammenarbeit mit den Japanern eingestellt und damit Pläne zur Einführung eines Versuchsreaktors gestört hatten, wandte sich die Regierung an die Vereinigten Staaten als neuen Partner.

Nun wollen JAEA und MHI mit mehr als nur Geld zu dem ambitionierten US-Projekt beitragen. Japanische Unternehmen werden ihre Technologie an die Amerikaner übertragen. Bis 2028 will Terra Power den Bau eines 345-Megawatt-Reaktors im US-Bundesstaat Wyoming abschließen.

Dem gehen jedoch noch viele weitere Tests und forschungen voraus. Um einen Atomreaktor in Betrieb zu nehmen, reichen die gemeinsamen Anstrengungen Japans und der Vereinigten Staaten möglicherweise nicht aus.

Wie erzeugt ein Kernkraftwerk Strom?

Um diese Frage zu beantworten, sollte man zunächst verstehen, wie ein Kernkraftwerk eigentlich funktioniert. Im Grunde funktioniert es sicherlich nicht anders als ein Kohlekraftwerk:

  • Zuerst wird Dampf freigesetzt
  • er treibt eine Turbine mit einem Generator an
  • dann wird in der Turbine Strom erzeugt

Wie genau funktioniert dies in einem Kernkraftwerk? Atomkerne werden in kleine Teilchen gespalten – Neutronen. Dadurch wird die notwendige Wärme erzeugt.

Wo also Kohle in einem Kohlekraftwerk ist, wird Kernbrennstoff in einem Kernkraftwerk sein. Es ist hauptsächlich Urandioxid, das in stabförmigen Brennstäben enthalten ist.

Diese wiederum werden zu Brennstoffzellen zusammengefasst. Uran wird durch Neutronen gespalten. Dadurch entstehen neue Neutronen, die die Uranatome wieder spalten können. Auf diese Weise kann eine sich selbst generierende Kettenreaktion gestartet werden.

Bei der Kernspaltung wird eine riesige Menge an Wärme freigesetzt. So wird das Wasser, das den Reaktor verlässt und den angeschlossenen Dampferzeuger beheizt, auf bis zu 330 Grad erhitzt. Letztendlich wird die Dampfenergie verwendet, um Turbinen anzutreiben, die an Stromgeneratoren angeschlossen sind.

Japan will Atomkraftwerke wieder hochfahren – es gibt viele Befürworter und Gegner

Für die Wiederaufnahme des Ausbaus der Kernenergie bestehen weiterhin innenpolitische und andere Herausforderungen. Der Bau neuer Reaktoren mit sichereren Technologien ist schwer zu gewährleisten.

Laut einer Meinungsumfrage der Zeitung Asahi im Februar 2021 waren mehr als 50% der Japaner gegen die Wiederinbetriebnahme abgeschalteter Reaktoren. Gleichzeitig stärken aber auch die weltweiten Bestrebungen, Atomkraft als Beitrag zur Emissionsminderung zu positionieren, die japanische Atomlobby.

Darüber hinaus sollte Japans Energiepolitik eine prominente Rolle in nationalen Sicherheitsdiskussionen spielen. Das rohstoffarme Japan sollte über möglichst viele Energiequellen verfügen, darunter auch Atomkraft.